Wir waren schon einmal weiter.
Freitag ist in katholischen Landen Fischtag. Leider immer weniger, und das nicht nur des schwindenden Glaubens wegen. Fisch essen gilt als teuer. Und ist zum Teil bereits unethisch geworden: Die Meere sind leer gefischt. Vor über hundert Jahren hat ein Feinkostgeschäft in Meran mit Frischem Fisch Werbung gemacht und ihn als billigstes Volksnahrungsmittel angepriesen. In Lana hat die weitum bekannte Köchin Anna Stauder beim Theißwirt frische Forellen aus der Falschauer als Festmahl kredenzt. Was für ein Unterschied zum tiefgekühlten Dorsch aus dem Pazifik oder zum gemästeten Lachs aus der Farm!
Jacob Oettl, Meran
Postgasse 13. – Telephon-Ruf Nr. 33.
Fische Billigstes Volks=Nahrungsmittel per Kilo von 80 Heller aufwärts. Große Auswahl von lebenden Fischen wie Karpfen, Schleien, Aalen, Aschen usw., lebenden Hummern und Langustern. Feinstes steirisches Mastgeflügel in größter Auswahl. Wildbret aller Art. Französische Spargel, peri god Trüffel.
Aus: Meraner Zeitung, Freitag, 6. Januar 1911
1 Krone(n) im Jahr 1911 entsprechen in etwa der heutigen (2023) Kaufkraft von 6,93 EUR. Folglich waren 80 Heller (0,8 x 6,93) = 5,544 EUR.
Siehe:
https://finanzbildung.oenb.at/docroot/waehrungsrechner/#/
Lustig auch die noch nicht ganz vollkommene Rechtschreibung in der Anzeige:
Bei Feinkost Jacob Öttl zeigt sich nebenbei auch die hochstehende Tischkultur der noblen Meraner Gäste: Spargel und Trüffel aus Frankreich, Hähnchen aus der Steiermark. Das Beste vom Besten. Feinkostgeschäfte dieser Art sucht man heute vergeblich in Meran und Umland. Große Fische-Ehrenrettung für Lana: Bei Gastro-Handlung Ernst Leiter in Lana gibt es eine Ecke für den Fischverkauf en Detail (siehe Titelbild). Dort findet man frischen Fisch in bester Qualität das ganze Jahr über. Beginnend mit Makrelen für 7 Euro das Kilo. Dennoch kann man sagen: Zivilisatorisch waren wir schon einmal weiter.