Etwas Geschichte zum interessantesten Laden in Lana.
Im August 1932 starb hochgeehrt als Bürger von Lana P. Bertoldi. Der junge Panfilio Bertoldi, Jahrgang 1852, kommt als Kupferschmied von Brez herunter in das aufstrebende Lanan. In einem Nebenraum des Kaufhauses von Franz Tribus beginnt er sein Geschäft. Es folgt der Aufstieg als Tüftler, Geschäftsmann und Säule der Gesellschaft. In Lana wird er Peter genannt.
Eine formidable Spritze
Eine Werbeschaltung im „Burggräfler“ vom März 1888 verrät, worauf sich das Geschick und der Erfolg von Peter alias Panfilius Bertoldi gründet:
„Höchst wichtig für alle Weingartenbesitzer. P. Bertoldi, Kupferschmied Eisen- und Metallwaarenhandlung in Lana a/E. empfiehlt seine anerkannt beste, einzig praktische Peronospera-Spritze.“ (Der Burggräfler, 03.03.1888)
Im Nachruf wird es einmal heißen: „Als ausgezeichneter Fachmann widmete er in seinen jüngeren Jahren besonderes Interesse der Herstellung und Verbesserung von Baum- und Rebenbespritzungs-Apparaten und war hierin von den Landwirten ein häufig und gerne befragter Ratgeber.“ (Dolomiten, 16.08.1932)
Zum Glück
Zum Geschäftserfolg braucht es natürlich etwas Glück. Das hatte P. Bertoldi im November des Jahres 1888, als ihm fast der ganze Laden abgebrannt wäre. Hier die ganze Meldung in der Zeitung:
Lana, 9. Nov. (Feuer.) Im Nebenladen des Franz Tribus in Oberlana wurde gestern ½ 8 Uhr abends Feuer bemerkt. Dasselbe kündete sich durch Brandgeruch an, dem man nachspürte und wodurch man entdeckte, daß es in dem vom Eisenhändler Bertoldi gepachteten Nebenladen brenne. Das Brandobjekt bildete der Schreibtisch. Die in der Schublade befindliche Brieftasche mit 4—500 fl. und zwei Geschäftsbücher wurden gerettet. Der Schaden beträgt zum Glück nur ein paar Gulden, aber die Gefahr war für beide Läden und deren Inhalt eine sehr große. Wahrscheinlich war ein Zündhölzchen, das glimmend weggeworfen wurde, Ursache des Feuers. (Der Burggräfler, 14.11.1888)
Beinhartes Wirtschaftsleben
Das Wirtschaftsleben in der Kaiserzeit ist beinhart. Wahrscheinlich aufgrund des insgesamt geringen Bargeldumlaufs war es für Kaufleute oft schwierig, zu ihrem Recht zu kommen. Auf der Kundenseite konnte ein Außenstand zur fatalen Falle werden. Sogar bei geringen, aber nicht einbringbaren Außenständen kamen in Südtirol Tausende Höfe unter den Hammer. So zum Beispiel wurde beim Pöderwirt in Tscherms das Wergele-Gut versteigert, weil dessen Besitzer Johann Weiß dem „Panfiglio Bertoldi in Lana“ 78 Gulden und 37 Kronen schuldete, die er nicht zahlen konnte. Der Hof wurde vom k. u. k. Bezirksrichter Dr. Angeli zum Ausrufpreis von 8.565 Gulden und 20 Kronen zur öffentlichen Versteigerung ausgerufen. (Bote für Tirol 26.06.1891). Auch „dem Nikolaus Lösch, Nörder in St. Nikolaus in Ulten“, wird bekannt gegeben, dass „P. Bertoldi, Kupferschmied hier, eine Bagatellklage Pto. 10 fl. 20 kr. gegen ihn überreicht hat“ (Bote für Tirol, 01.03.1897)
Am Zenith
Um die Jahrhundertwende von 1900 ist Peter alias Panfilius Bertoldi am Zenith seines Erfolges angelangt. Er ist angesehener Kaufmann und Besitzer („Bertoldi-Haus“ am Gries). Er ist mit einer Kaufmannstochter Tribus verheiratet und hat eine Tochter, Fanny. Er hat die Raiffeisenkasse im Jahr 1892 mitbegründet, er spendet den Armen und unterstützt die Bürgerkapelle. Bei der von ihm im fernen Jahr 1877 mitbegründeten Feuerwehr ist er noch als Siebzigjähriger begeisterter „Spritzen- und Hydrantenmeister“. Das Zündholz im Nebenraum vom Tribus hätte also sowieso keine Chance zu einem Brand gehabt.
In bester Gesellschaft
Jedes Jahr vor Silvester und Neujahr kauften in der ganzen Donaumonarchie die Wohlhabenden und die Spitzen der Gesellschaft sogenannte „Glückwunsch-Enthebungskarten“. In Lana ist der Erlös für die „Armen und für den Verschönerungsverein“ bestimmt. Die Namen der Käufer/Spender werden jedes Jahr als Liste in der Lokalzeitung veröffentlicht. Hier einige Nennungen vom Jahr 1907. P. Bertoldi ist in bester Gesellschaft.
„Glückwunsch-Enthebungskarten pro 1907 in der Gemeinde Lana haben gelöst: Al Zuegg, Elektrizitätswerkbesitzer, Hochw. Gottfried Pernter, Dekan, Familie Stauder, Gasthof Teis, Familie von Walpach, Apotheke Mariahilf, Familie Schüller, Fabrikant, Familie Lösch, Großhandlung, P Bertoldi mit Familie , Alois Carli, Joh. Haberle, Georg Selitsch, Franz Tribus“ (Der Burggräfler, 05.01.1907)
Peter wird wieder Panfiglio
In den Enthebungslisten vom 1910 heißt es übrigens ausdrücklich „Peter Bertoldi, Eisenhandl.“ Mit der Einverleibung Südtirols ins Königreich Italien nach 1918 kommt wieder der ursprüngliche Vorname zur Ehre. Unter den weichenden Mitgliedern des Raika-Ausschusses findet sich „Panfìglio Bertoldi“ (Fogli Annunzi Legali Prefettura Trento, 13.12.1919)
Karl und Fanny Arzböck
So um 1914 zieht sich der angesehene „Kupferschmiedmeister und Eisenhändler“ langsam aus dem aktiven Geschäftsleben zurück. In Karl Arzböck hat er den idealen Schwiegersohn und Nachfolger für seine Eisenhandlung gefunden. Der junge Oberösterreicher war 1906 als Geschäftsführer der Firma Plant nach Meran gekommen und heiratete im Jahr 1913 P. Bertoldis einzige Tochter Fanny. P. Bertoldi übergibt ihm die Eisenhandlung, die Arzböck „weiter in die Höhe bringt“. Leider bleibt die Ehe kinderlos. Im Jahr 1938 versterben beide Eheleute kurz nacheinander. Sie werden, wie die Dolomiten 1938 schreibt, in der „v. Bertoldischen Familiengrabstätte“ beigesetzt. Doch, die Rede ist in diesem Artikel ausdrücklich von dem „Eisenhändler und Kupferschmiede-Meisters v. Bertoldi in Lana“. Mag Panfilio Bertoldi am Ende auch noch das adelige „von“ erworben haben?
P. Bertoldi stirbt hochgeehrt
P. Bertoldi stirbt achtzigjährig (am 10. August 1932) als hoch geachteter Bürger Lanans. In dem Bericht von seiner Beerdigung (am 12. August 1932) in der Dolomiten heißt es
„Die so zahlreiche Beteiligung am Leichenbegängnis gab Zeugnis von der großen Wertschätzung, welcher sich der Verstorbene in allen Schichten der Bevölkerung erfreute. Alle, die den noch bis vor einigen Monaten rüstigen, stets aufrechten Mann kannten, werden ihm ein gutes Andenken bewahren.“ (Dolomiten, 16.08.1932)
Bertoldi-Arzböck
Das Geschäft Bertoldi hat nun einen neuen Inhaber, Karl Arzböck. 1935 erbauen Karl und Fanny Arzböck „an Stelle des alten Petereggmann’schen Stadels die schöne Villa Arzböck.“ (Dolomiten, 19.12.1938) Es ist dies heute das Haus der Bäckerei Harpf in der A.-Hoferstraße neben dem neu renovierten Haus Knoll / Jägerheim.
Bertoldi-Tribus
Nach der Ära P. Bertoldi und Karl Arzböck geht die Fa. Bertoldi in Frauenhand über. Die Schwestern Herta Tribus und danach Mitzi Tribus, Töchter aus der legendären Lananer Kaufmannsfamilie Tribus am Tribusplatz, leiten die Geschicke des Bertoldi-Geschäfts, bis Neffe Günther Vonach übernimmt.
Bertoldi-Vonach
Heute führen Günther Vonachs Kinder Walter und Claudia erfolgreich das Erbe des „gewesenen Kupferschmiedes“ Panfilius Peter v. Bertoldi in die Zukunft.
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P. Bertoldi in Lana | Eine Spurensuche in alten Zeitungen. Zusammengetragen und verfasst von Georg Dekas aus Quellen der Landesbibliothek F. Teßmann. (digital.tessmann.it)