Kellerfund in Lana. Historische Flakons Bitter Campari Soda. Die meisten haben ihre markentypische rote Farbe verloren. Die Geschichte dahinter.
Im Bild einige der historischen Flakons Bitter Campari Soda. Die meisten haben ihre markentypische rote Farbe verloren. Doch sie sind es wert, die Geschichte dahinter zu erzählen. Denn Campari ist nicht nur ein Aperitif. Bitter Campari Soda ist ikonisch konisch. Knallrot, futuristisch. Spühendes italienisches Lebensgefühl seit 1932. ‚Absolute fashionable‘ geworden in den 19050ern, angesagt bis heute. Trinkbare Eleganz und Frische. Campari Soda ist so in und rot wie ein Ferrari. Aber einer, den jeder kaufen kann.
Kleine Flasche große Ikone
Die einzige Flasche, die kein Etikett hat, wirbt Campari für seinen Klassiker, den knallroten Bitter-Aperitiv Campari Soda. Nun, die konische Ikone ist von Fortunato Depero entworfen worden, einem der bedeutendsten modernen Künstler Italiens und Aushängeschild des Futurismus. So, und jetzt haltet euch fest: Der Fortunat ist als Österreicher geboren, in Fondo, am Nonsberg (1892) und ist somit unser Landsmann. Seinen Ruhm begründete er in Rom (ab 1914) und in den Vereinigten Staaten. Aber sein Herz gehörte seiner Heimatstadt Rovereto, wo heute das von ihm gegründete Museum des Futurismus im größeren MART aufgeht. Während seine wunderbaren, bahnbrechenden Bilder schon Geschichte sind, lebt unser Fortunat durch seine konische Campariflasche mit dem rauhen (gefrosteten) Glas und der Reliefschrift unentwegt weiter.
Das gefrostete Glas
Nicht nur die Form, auch die Beschaffenheit des Glases ist ein durchdachtes futuristisches Konzept. Schreibt die Design-Webseite mohd:
„Persino la superficie smerigliata del vetro è parte del pensiero futurista di Depero, e trova riscontro sui riferimenti ai materiali tattici citati da Marinetti nel “Manifesto sul Tattilismo” del 1921. La smerigliatura evoca la freschezza del prodotto simulando le gocce, e ha inoltre una funzionalità, garantendo miglior presa.“
Die Deckelschrift
Unverkennbar ihrer Zeit entsprechen ist die Schriftzüge auf dem Deckel des Campari Soda Fläschchens. Sie ändern sich geringfügig im Zeitraum 1932 bis heute. Hier im Bild haben wir einen historischen Deckel, der auf Ebay bereits 6 Euro Sammlerwert hat. Es ist nicht nur die Typo, auch die Inhaltsangaben sind sehr schön geordnet. Es muss die Lieblingstypo des Duce gewesen sein, denn man findet diese extrem ästhetische Schrift ein bissl überall im faschistischen Italien. Ganz toll ist schließlich die Aufschrift „Sesto S. G“ und nicht Milano. In Sesto San Giovanni ist der historische Sitz der Firma Davide Campari, seit 1904. Der Vorort von Mailand ist nicht sehr schön, von Eisenbahn und Industriewerken geprägt. Umso selbstbewusster ist diese „identitäre“ Aufschrift auf einer Fesch-Ware.
Die knallrote Farbe
Der Bitterlikör, den Gründervater Gaspare Campari bereits in den 1840ern erfunden hat, ist durch auch seine knallrote Farbe berühmt geworden. Damals war es der Rotstoff der Cochenille-Laus, aus der schon die Atzteken und Maya ihre rote Farbe gewonnen hatten (und weswegen man die „Indianer“ Amerikas auch Rothäute nennt). Schon um 1500 ist dieser Farbstoff nach Italien gekommen, wo es die besten Stofffärbereien gab (Venedig, Lucca). Cochenille war nach Silber die wichtigste Exportware aus den spanischen Kolonien in Südamerika. Dann ist man draufgekommen, dass man mit dem Farbstoff der Cochenille-Laus auch gut Lebensmittel färben kann. Also hat Gaspare Campari seinen Likör für damalige Verhältnisse ultramodern eingefärbt. Nach den Erfolgen der Chemie lösten synthetische Lebensmittelfarben das Karmesin der Mexiko-Laus ab. Ein historischer Campari Soda Deckel trägt die Aufschrift „Colorato con Azorubina“ (dort steht Milano und nicht Sesto S.G.). Die gefundenen Fläschchen sind mit E122 (Azorubin) und E 102 (Tartrazin) gefärbt.